Nangis, Guillaume de (Chronist)

Guillaume de Nangis war Mönch in St. Denis und verfasste eine lateinische Weltchronik, die er bis zu seinem Tode um 1300 führte. Später wurde sie von weiteren Schreibern fortgeführt. Einer dieser Continuatoren berichtet auch über den Templerprozess.

Von den Anklageartikeln hält er fest: heimliche, nächtliche Ordensaufnahme, Küsse auf das Hinterteil, Bespucken und Treten des Kruzifixes, die Verehrung eines Hauptes als Idol, das Auslassen der Konsekrationsworte bei der Messe und sodomitische Handlungen. Einige Brüder hätten alles freiwillig gestanden und um Vergebung gefleht, andere wiederum seien durch Folter, Versprechungen und verschärfte Haft gezwungen worden. Viele hätten so gut wie alles geleugnet und andere später wiederrufen.

Den Tod Jacques de Molays und Godefrois de Charnys auf dem Scheiterhaufen berichtet er wie das Martyrium von Heiligen, deren Ende ob der Standhaftigkeit und Seelenstärke von allen Beobachtern bewundert wurde.

Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur:
Chronique latine de Guillaume de Nagnis, de 1113 à 1300 avec les continuations de cette chronique de 1300 à 1368, ed. Geraud, Hercule, Paris 1843, Bd. 1, S. 361ff (erste Geständnisse), 365f (Poitiers), 402f (Tod Molays und Charnys).

 

Naplouse, Philipp de (M)

Er wurde in Nablus, in den Kreuzfahrerstaaten und entstammte dem lokalen Hochadel. Als Vertrauensmann der Königin von Jerusalem Melisende II. war er einer ihrer militärischen Führer und Mitglied des Rates. Nach der Machtergreifung von Baudoin III. blieb er in dessen Diensten. Der König übergab ihm 1161 das Lehen von Oultrejourdain. 1164, nach dem Tod seiner Frau, trat Philipp de Naplouse in den Templerorden ein und wurde bereits fünf Jahre später zum Meister gewählt. Bereits 1171 jedoch legte er sein Amt nieder und kehrte in den Dienst des Königs von Jerusalem zurück. Die Motive für diese Entscheidung sind ebensowenig bekannt wie sein Todesjahr.

Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur
Bulst-Thiele, M. L.: Sacrae Domus Militiae Templi Hierosolymitani Magistri, Göttingen 1974, S. 75-86.

 

Navarra

s. Spanien

 

Neotempler

Als Neotempler werden im Rahmen dieses Lexikons bezeichnet: a) Gemeinschaften, die sich als Erben des historischen Ordens über eine bestimmte Filiation bezeichnen, sei es freimaurerische oder nicht-maurerische Gemeinschaften, und b) Gemeinschaften, die neu gegründet wurden und sich auf den Geist und die Tradition des historischen Ordens berufen, ohne eine Filiation zu postulieren. Unter den Gesellschaften, die sich als direkte Erben des 1312 nach dem Prozess aufgehobenen Ordens deklarieren, kann man drei Zweige unterscheiden: den freimaurerischen Zweig, der seinen Aufschwung im 18. Jahrhundert erlebte; den christlichen Zweig, der Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts aufkam; und den okkultistisch/gnostischen Zweig, der Anfang des 20. Jahrhunderts aufblühte. Unter den christlichen Neotemplerorganisationen gibt es heute ökumenische, evangelische, katholische und orthodoxe Gemeinschaften, die jedoch keine Orden im kirchenrechtlichen Sinne darstellen. Die meisten von ihnen akzeptieren sowohl Männer als auch Frauen. Struktur und Observanz vieler dieser zumeist als "Verein von Gläubigen" anerkannten Gruppen sind relativ fluide, es kommt sowohl zu Affiliationen als auch zu Spaltungen und der Entstehung neuer Observanzen.

Siehe auch: Strikte Observanz des Tempelordens, Klerikat der Tempelherren, Ordo Templi Orientis, Freimaurer des Schottischen Ritus, Pariser Neutempler

Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur
  • Bauer, Martin: Die Tempelritter. Mythos und Wahrheit, Hamburg 2002, S. 222-236.
  • Schuster, Georg: Geheime Gesellschaften Verbindungen und Orden, Wiesbaden, Reprint von 1905, Band II.
  • Sippel, Hartwig: Die Templer. Geschichte und Geheimnis, Wien 1996, S.301-336 .

 

Nerval, Gérard de (Autor)

Der französische Romancier (1808-1855) vertrat in Cagliostro und seinen Voyages d'Orient die Ansicht, die Templer hätten eine "Allianz der katholischen Religion mit orientalischen Ideen" versucht, die letztlich zum Ursprung der Freimaureri geführt hätte. Eine besondere Stellung nimmt innerhalb der Konstruktion die Religion der Drusen ein, die für ihn Teil der Maurerbewegung sind. Wie später die Aufklärer sollen sich auch die Templer gegen den Machtmissbrauch der Herrschenden gewandt haben und damit zu den Vorreitern politischer "Opposition" gehört haben.

Nerval-Templiers Seite aus Cagliostro zu den Templern.

Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur
  • Nerval, Gérard de: Voyage en Orient, Bd. 2, Paris 1857, S. 50f. Online
  • Nerval, Gérard de: Cagliostro, in: Les Illumines, Paris 1852, S. 299-519, hier S. 303ff. Online
  • Partner, Peter: The Murdered Magicians. The Templars and their Myth, Oxford 1982, S. 151f.

 

Nicolai, Friedrich (Autor)

Friedrich Nicolai (1733-1811) war ein deutscher Schriftsteller, Gelehrter und Verleger. Er war Mitglied des Berliner Aufklärerkreises, Freimaurer, seit 1783 Mitglied der Illuminaten, und von der Gefahr einer päpstlich-jesuitischen Verschwörung gegen das protestantische Preußen durchdrungen. 1782 veröffentlichte er sein Werk "Versuch über die Beschuldigungen, welche dem Tempelherrenorden gemacht worden und über dessen Geheimnisse". Hier stellt er seine These vor, dass es innerhalb des historischen Templerordens drei Gruppen von Mitgliedern gegeben habe, die nach unterschiedlichem Ritus aufgenommen worden seien. Nur ein kleiner Teil der Templer sei mit der häretischen Version, die in den Anklagepunkten auftaucht, aufgenommen worden, und ein noch kleinerer Teil sei mit der wahren symbolischen Bedeutung dieser Taten vertraut gewesen. Das Idol der Templer war seiner Meinung nach eine männliche Büste, auf der sich das Baphomet-Symbol (das Pentagramm?) befand. "Baphomet" erklärte er als eine Zusammensetzung der griechischen Wörter für Tauchen/Färben und Weisheit. Dies bedeute die Praktizierung eines gnostischen Taufritus.

Nicolais wissenschaftlicher Opponent, Johann Gottfried Herder beantwortete die Schrift mit polemischen Gegenreden, in denen er sowohl eine Verbindung der Templer zur Freimaurerei, als auch Nicolais Baphomet-Erklärung strikt ablehnt. Herder selbst führte "Baphomet" bereits auf "Mohammed" zurück.

Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur
  • Herder, J. G.: Historische Zweifel über Nicolai's Buch "Versuch über die Beschuldigungen, welche dem Tempelherrenorden gemacht worden", in: Der Teutsche Merkur I (1782), S. 224-255, II (1782), S. 46-83 und 232-252. Online bei der Univ.Bib. Bielefeld
  • Nicolai, Friedrich: Versuch über die Beschuldigungen welche dem Tempelherrenorden gemacht worden, und über dessen Geheimnis; nebst einem Anhange über das Entstehen der Freymaurergesellschaft, Berlin-Stettin 1782, Online bei archive.org
  • Nicolotti, Andrea: L'idolo/statua dei Templari dall'accusa di idolatria al mito del Bafometto, in: Canetti, Luigi (Hrsg.): Statue. Rituali, scienza e magia dalla Tarda Antiquità al Rinascimento (Micrologus Library 81), Florenz 2017, S. 277-338.

 

Normandie

Bereits sehr früh erhielten die Templer Schenkungen in der Normandie. Die Niederlassung der Templer in der Normandie erfolgte in zwei Etappen: die erste von 1130 bis 1190, die zweite von 1204 bis etwa 1250. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wurden die ersten Ordenshäuser gegründet: in Baugy, Saint-Etienne de Renneville und Sainte-Vaubourg. Allein zu Renneville gehörten noch zahlreiche Ländereien und Einkünfte, sowie verschiedene Kirchen des Umlandes. Saint-Etienne de Renneville wurde durch Richard d'Harcourt , den Herrn von Renneville, gegründet, der später selbst in den Orden eintrat und auch in der Ordenskapelle bestattet wurde. Das Land von Sainte-Vaubourg wurde um 1175 sogar durch den Herzog der Normandie selbst, Henry II. von England, gestiftet. Eine der ältesten Komtureien ist Valcanville, gelegen zwischen Cherbourg und Barfleur. Die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gegründete Komturei Courval hat bis heute Teile der ursprünglichen Bausubstanz erhalten, zum Beispiel die Kapelle. Das administrative Zentrum der Provinz lag bis 1173 in Rouen, danach in Sainte-Vaubourg vor den Toren von Rouen. Auch im 13. Jahrhundert setzten sich die Neugründungen neben dem Ausbau bestehender Besitzverhältnisse fort. So entstand die Komturei von Ivry um 1245.

Etwa 16 große Ordenshäuser mit 12 Kapellen (übrigens sämtlichst auf einem einfachen rechteckigen Grundrißplan, nur zum Teil mit Apsiden im Ostchor) gab es zum Zeitpunkt der Auflösung der Templer Anfang des 14. Jahrhunderts. In diesen zwei Jahrhunderten wandelte sich auch der soziale Kontext der Stifter. Waren dies im 12. Jahrhundert noch hauptsächlich Mitglieder des Hochadels bis hin zum Herzog selbst, so kann man aus den Urkunden des 13. Jahrhunderts ein weit niedrigeres soziales Niveau der Stifter feststellen, die nun zum kleinen Landadel gehörten. Für den Hochadel war in dieser Zeit die anwachsende Macht des Ordens (und die der anderen Orden) offenbar zu einem Problem geworden, das man nicht noch weiterhin unterstützte! Die geistlichen Herren der Normandie zeigten sich seit Beginn der Etablierung des Ordens nur sehr selten generös gegeüber den Templern. Die einzige überlieferte episkopale Schenkung ist die des Bischofs von Coutances in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Natürlich suchte der Orden auch, und dies vermehrt im 13. Jahrhundert, seinen Besitz durch Kauf und Tausch bestimmter Landparzellen zu vermehren und zu harmonisieren. Dabei kam es auch zu durchaus zweifelhaften Geschäftspraktiken, etwa wenn ein Eigentümer unter Druck gesetzt wurde oder die Zinsen auf ein Immobilienpfand derartig erhöht, daß ein Loskauf nicht mehr möglich war. Es ist diese Erwerbspolitik, die den Templerorden in der Normandie ganz deutlich von den in geringerer Anzahl hier auch ansässigen Johannitern unterscheidet, von denen kaum Geschäfte dieser Art überliefert sind. Während des Prozesses wurden zahlreiche normannische Templer in der Festung von Caen gefangengehalten und dort durch die Inquisition befragt. Die Protokolle sind überliefert. Andere Ordensmitglieder waren in Rouen und auf der Burg Gisors inhaftiert, die bis heute einen festen Platz in der Templer-Mythologie hat.

Provinzmeister:

~1199 Robertus Parvus
~1227 Guillaume de l'Aigle
~1240 Thibaut de Melay
~1258~1261 Robert Payart
~1281 Alveret
~1298-1303 Philipp Agate
1303-1307 Godefrois de Charny

Ordenshäuser in der Normandie (pdf-Liste) Siehe auch: Baugy, Bourgoult, Brettemare, Bretteville, Chanu, Ivry-le-Temple, Sainte-Etienne-de-Renneville, Sainte-Vaubourg, Valcanville

Quellen für diesen Artikel und weiterführende Literatur
  • Achard, D.: Dépôt sacré en Normandie. Trésors de l'Histoire N. 31, S. 20-22 (Voismer)
  • Delisle, L.: Etudes sur la condition de la classe agricole et l'état de l'agriculture en Normandie au Moyen-Age, Paris 1903 (S. 721-782 Inventar von Templereigentum in der Normandie)
  • Lascaux, M.: Les templiers en Normandie, Rennes 1983.
  • LeBossé, M-V.: Sur la route des Templiers en Normandie, 1986
  • Miguet, M.: Templiers et Hospitaliers en Normandie, 1995.

 

 

Noviziat

Noch in der lateinischen Fassung der Ordensregel ist eine Probezeit vorgesehen. Die Papstbulle Omne datum optimum von 1139 schreibt demhingegen nur für die Kapläne ein Noviziatsjahr vor. Die Chronik von Michael dem Syrer, zusammengestellt Ende des 12. Jahrhunderts, spricht noch von einem allgemeinen Noviziatsjahr im Templerorden. Offenbahr erst während des 13. Jahrhunderts wurde diese Praxis aufgegeben. Der Grund liegt wahrscheinlich im großen Bedarf an Nachschub-Soldaten für den Dienst im Heiligen Land. Die während des Prozesses befragten Templer erklärten übereinstimmend, daß sie sofort beim Ordenseintritt ihre Profess ablegten. Die Nichterfüllung einer Noviziatszeit war einer der Anklagepunkte gegen den Orden, aber dies war eine geläufige Praxis in allen Ritterorden.